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Biorhythmus und Essverhalten - warum Timing beim Essen genauso wichtig ist wie der Inhalt

Geschrieben von Nick Scherer | May 19, 2025 6:56:53 AM

Lesezeit: 5 min

Im stressigen Büroalltag achten viele von uns auf gesunde Ernährung – doch nicht nur was, sondern auch wann wir essen, ist entscheidend. Unser Körper folgt einem Biorhythmus, der Prozesse wie Hunger, Konzentration und Energielevel steuert. Unregelmäßige Mahlzeiten oder spätes Essen können zu Leistungstiefs, Heißhunger oder langfristigen Gesundheitsproblemen führen.
 
In diesem Beitrag erfährst du, wie dein Biorhythmus funktioniert, warum das Timing der Mahlzeiten zählt und was Unternehmen tun können, um dich dabei zu unterstützen.
 

Zutaten

  1. Der Biorhythmus: Unser innerer Taktgeber
  2. Energie und Leistung im Tagesverlauf
  3. Mahlzeiten-Timing und Stoffwechsel
  4. Folgen eines gestörten Rhythmus
  5. Praktische Tipps für Unternehmen
  6. Fazit


Der Biorhythmus: Unser innerer Taktgeber

Unser zirkadianer Rhythmus – also unsere innere Uhr – ist ein biologisches System, das auf etwa 24 Stunden getaktet ist. Er beeinflusst unter anderem, wann wir wach und müde sind, wie unser Stoffwechsel arbeitet und wann wir Hunger verspüren. Gesteuert wird dieser Rhythmus durch den sogenannten suprachiasmatischen Nukleus (SCN), der sich im Hypothalamus des Gehirns befindet. Er empfängt Lichtsignale über die Augen und gibt Taktinformationen an den restlichen Körper weiter. Gleichzeitig gibt es auch in vielen Organen wie Leber, Bauchspeicheldrüse und Darm sogenannte periphere Uhren, die auf Nahrungsaufnahme und andere Signale reagieren.
 
Licht ist der stärkste äußere Taktgeber – sogenannte "Zeitgeber". Wenn wir morgens Tageslicht sehen, stellt sich unser Körper auf Aktivität ein: Die Körpertemperatur steigt, der Kreislauf kommt in Schwung und wachmachende Hormone wie Cortisol werden ausgeschüttet. Abends hingegen – wenn es dunkel wird – schaltet der Körper auf Erholung um: Das Schlafhormon Melatonin wird ausgeschüttet und Prozesse wie Verdauung und Stoffwechsel werden heruntergefahren.
 
 
 
 
Auch Essenszeiten beeinflussen unseren Biorhythmus stark. Wenn wir zu regelmäßigen Zeiten essen, können sich Verdauung und Hormonhaushalt besser darauf einstellen. Studien zeigen, dass feste Mahlzeiten helfen, Hunger- und Sättigungshormone zu stabilisieren (Jakubowicz et al., 2013; Wehrens et al., 2017). Das bedeutet: Wir fühlen uns satter und greifen weniger zu Snacks zwischendurch.
 
Unregelmäßiges Essen hingegen bringt den inneren Takt durcheinander. Denn unser Appetit folgt einem natürlichen Tagesverlauf: Morgens ist er meist geringer, abends steigt er – ein Überbleibsel aus früheren Zeiten, als es wichtig war, vor der Nacht Energie zu speichern (Scheer et al., 2013). Heute führt das oft dazu, dass wir spät zu viel essen – was langfristig den Stoffwechsel belastet und Gewichtszunahme fördern kann.
 
Wer also mit seinem biologischen Rhythmus arbeitet statt gegen ihn, kann gezielt Einfluss auf sein Energielevel, seine Konzentration und sein Wohlbefinden nehmen – und im Arbeitskontext langfristig auch auf Leistung und Motivation. 
 

 

Energie und Leistung im Tagesverlauf

Unsere innere Uhr beeinflusst nicht nur Appetit, sondern auch Konzentration und Leistungsfähigkeit. Die meisten Menschen erleben ein natürliches Hoch am Vormittag: Der Cortisolspiegel ist erhöht, die Aufmerksamkeit geschärft. Gegen Mittag folgt dann oft ein biologisches Tief (Monk, 2005). Wer schlecht geschlafen hat oder mittags schwer isst, spürt das besonders deutlich.
 
In dieser Phase sinkt die körperliche Aktivierung, die Wachsamkeit nimmt ab – ein klassisches "Suppenkoma". Dies ist keine Schwäche, sondern ein Teil des natürlichen Rhythmus. Deshalb ist es sinnvoll, anspruchsvolle Aufgaben am Vormittag zu erledigen und den frühen Nachmittag für Routinetätigkeiten oder eine Pause zu nutzen.
 
Gleichzeitig lohnt es sich, persönliche Leistungskurven zu beachten: Frühaufsteher und Spättypen haben unterschiedliche produktive Phasen (Roenneberg et al., 2007). Flexible Arbeitszeiten helfen dabei, den individuellen Rhythmus besser zu berücksichtigen – was sich positiv auf Leistung, Zufriedenheit und Gesundheit auswirkt.
 
 
 

 

Mahlzeiten-Timing und Stoffwechsel

Auch unser Stoffwechsel folgt einem Takt. Morgens ist die Insulinsensitivität höher – der Körper kann Kohlenhydrate besser verwerten (Morris et al., 2015). Wer hingegen spätabends viel isst, läuft Gefahr, mehr Fett einzulagern. Eine Studie aus Spanien zeigt: Wer regelmäßig erst nach 15 Uhr Mittag isst, nimmt weniger ab – selbst bei gleicher Kalorienmenge (Garaulet et al., 2013).
 
Dieses Prinzip lässt sich im Büroalltag konkret nutzen: Ein nahrhaftes Frühstück und ein nicht zu spätes Mittagessen unterstützen den natürlichen Stoffwechselverlauf. Abends sollte möglichst leicht gegessen werden. Wichtig ist außerdem die Regelmäßigkeit: Wer das Frühstück auslässt, hat später oft Heißhunger. Der Körper geht in den "Sparmodus" und schaltet auf Energiespeicherung (Almoosawi et al., 2016).
 
Regelmäßige Mahlzeiten – idealerweise verteilt über den Tag – helfen, den Blutzucker stabil zu halten, Heißhunger zu vermeiden und Energie gleichmäßiger verfügbar zu machen. Das wirkt sich positiv auf Gewicht, Stimmung und Konzentration aus.
 
 

Pausenkultur im Büro

Trotz dieser Erkenntnisse fällt im Arbeitsalltag die Mittagspause oft dem Zeitdruck zum Opfer. Das Essen wird nebenbei am Schreibtisch erledigt – häufig unter Stress. Dabei ist gerade eine bewusste Pause entscheidend: Sie unterbricht den Arbeitsfluss, gibt neue Energie und sorgt für mentale Erholung. Studien zeigen: Wer regelmäßig Pausen macht, bleibt leistungsfähiger und ausgeglichener (Kühnel et al., 2017).
 
Das bedeutet nicht, dass lange Pausen notwendig sind – aber kurze, klar definierte Auszeiten, in denen du dich auf das Essen konzentrierst und vom Bildschirm weggehst, wirken sich messbar positiv aus. Auch Zwischenpausen – etwa am Vormittag oder späten Nachmittag – helfen. Besonders in Verbindung mit etwas Bewegung oder Tageslicht entfalten sie ihre volle Wirkung.
 
Eine gute Pausenkultur lässt sich fördern: mit festen Zeiten, geeigneten Räumen und klarer Kommunikation. Führungskräfte spielen hier eine Schlüsselrolle. Wer Pausen vorlebt, sie erlaubt und wertschätzt, stärkt damit eine gesunde und leistungsfördernde Arbeitskultur.
 
 
 

Folgen eines gestörten Rhythmus

Ein dauerhaft gestörter Biorhythmus hat weitreichende Folgen. Unregelmäßige Mahlzeiten, verspätetes Essen, Schlafmangel und fehlende Pausen bringen den Körper aus dem Takt. Die Folgen reichen von Konzentrationsproblemen über Stimmungsschwankungen bis hin zu langfristigen Gesundheitsrisiken wie Übergewicht, Diabetes oder Schlafstörungen (Wang et al., 2014; Spiegel et al., 1999).
 
Gerade Schichtarbeit zeigt eindrücklich, wie stark sich Rhythmusstörungen auswirken können (Arble et al., 2009). Doch auch im Büro reicht oft schon ein verschobener Essensrhythmus oder dauerhaftes "Durcharbeiten", um Gesundheit und Leistungsfähigkeit zu beeinträchtigen. Umso wichtiger ist es, einfache, aber wirksame Strukturen zu etablieren – denn der Körper reagiert positiv auf Regelmäßigkeit.
 
 

Praktische Tipps für Unternehmen:

  • Feste Pausenzeiten: Verbindliche Mittagspausen einführen, Kalender dafür blockieren.
  • Gemeinsame Mahlzeiten: Kantinenkultur und soziale Essenszeiten fördern.
  • Gesundes Frühstück ermöglichen: Frühstücksangebote oder Obst bereitstellen.
  • Gesunde Snacks: Statt Süßem lieber Nüsse, Obst oder Joghurt anbieten.
  • Frühe Abendmahlzeiten fördern: Infos zu spätem Essen und Schlaf bereitstellen.
  • Mehr Tageslicht: Fensterplätze bevorzugen, kurze Pausen im Freien nutzen.
  • Bewegungspausen: Kurze Spaziergänge oder Übungen einbauen.
  • Vorbildfunktion: Führungskräfte leben gesunde Pausenkultur vor.
 

Fazit

Das Timing der Mahlzeiten spielt eine entscheidende Rolle – gerade im Büroalltag. Wer im Einklang mit seinem Biorhythmus lebt, profitiert von stabilerer Energie, besserer Konzentration und langfristiger Gesundheit. Unternehmen, die Ernährung, Lichtverhältnisse und Pausenkultur ganzheitlich denken, schaffen nicht nur gesunde Rahmenbedingungen – sie stärken auch Motivation, Teamdynamik und nachhaltige Leistungsfähigkeit.

 
Quellen:
 
  1. Almoosawi, S. et al. (2016). Chrono-nutrition: A review of current evidence. Appetite.
  2. Arble, D. M. et al. (2009). Circadian disruption and metabolic disease. Science Translational Medicine.
  3. Boubekri, M. et al. (2014). Impact of windows and daylight exposure on sleep and quality of life. Journal of Clinical Sleep Medicine.
  4. Garaulet, M. et al. (2013). Timing of food intake predicts weight loss effectiveness. International Journal of Obesity.
  5. Jakubowicz, D. et al. (2013). High energy intake at breakfast vs. dinner differentially influences weight loss. Obesity.
  6. Kühnel, J. et al. (2017). The benefits of taking breaks at work. Journal of Applied Psychology.
  7. Monk, T. H. (2005). The post-lunch dip in performance. Chronobiology International.
  8. Morris, C. J. et al. (2015). Time of day influences human metabolic response to food. Current Biology.
  9. Roenneberg, T. et al. (2007). Epidemiology of the human circadian clock. Sleep Medicine Reviews.
  10. Scheer, F. A. J. L. et al. (2013). Adverse metabolic and cardiovascular consequences of circadian misalignment. PNAS.
  11. Spiegel, K. et al. (1999). Impact of sleep debt on metabolic and endocrine function. Lancet.
  12. Tucker, P. et al. (2006). The impact of rest breaks on performance and well-being. Ergonomics.
  13. Wang, X. S. et al. (2014). Shift work and chronic disease. BMJ